Hohe Wellenflüge über dem Usinger Land
Mitte Oktober gelangen einigen Segelflugpiloten des Luftsportclub Bad Homburg e.V. (LSC) spektakuläre Höhenflüge bis auf 2.800 Meter hinauf. Was sonst nur im Hochgebirge möglich ist, ereignete sich an diesem Tag bei starkem Westwind über den Taunushängen: Wellen Bildung!
Sogenannte Leewellen sind ein Resonanzphänomen: Im Lee, als rückseitig eines angeblasenen Gebirgszuges können sich bei entsprechend starken Windströmungen Wellen bilden, die sich in immer größere Höhen aufschaukeln. In solch „laminarer“, also gleich mäßig fließender und nach oben steigender Luft trifft der Segelflieger ein hohes, konstantes Steigen an. Ganz anders, als in der sommerlichen Thermik, wo unter Wolken kreisend Aufwindzonen ausgenutzt werden. Durch die hohen Windgeschwindigkeiten von 80 Kilometern pro Stunde und mehr, können die relativ langsam fliegenden Segelflugzeuge scheinbar auf der Stelle stehen, sie bewegen sich über Grund nicht mehr. „Das ist dann ein Gefühl wie auf dem Hochsitz und man kann ich aller Ruhe die Landschaft studierten und genießen“ beschrieb Pressereferent Horst-Walter Schwager dieses Erlebnis.
Insgesamt acht solche Wellenflüg wurden am Samstag den 12.Oktober ab Mittag in einer Aufwindwelle über Neu-Anspach erflogen. Besonders herausragend waren dabei der Flug von Dirk Beerbohm auf der vereinseigenen ASG-29 bis auf 2.800 Meter Höhe. „Dafür stand ich natürlich per Funk mit der Frankfurter Flugsicherung im Kontakt und habe mir eine Höhenfreigabe geholt“ berichtete der glückliche Pilot. Denn eigentlich darf man beim LSC wegen des nahen Frankfurter Flughafens nicht höher als 1.350 Meter über Grund fliegen – das ist der „Deckel“, wie die Piloten sagen. Vorraussetzung für Freigaben darüber ist ein im Flugzeug eingebauter Transponder, so daß die Fluglotsen einen genau wie ein Verkehrsflugzeug, auf ihrem Kontrollschirm sehen können. Stefan Taylor war auf seiner Ka-8 – einem einsitzigen Schulflugzeug des Vereins - 2:55 Stunden in der Luft.
Die Wellenprognose des Deutschen Wetterdienstes hatte für Samstag eine Welle über dem Flugplatz im Ortsdreieck Neu-Anspach-Wehrheim-Obernhain vorhergesagt. Daraufhin trommelte Stefan Seibold die Segelflieger zusammen, denn eigentlich ist die Saison für Leistungsflüge im Oktober ja wegen ausbleibender Thermik schon beendet. Am Morgen deuteten die stationären Wolken über der Bundesstrasse nach Usingen und deren zerfetzte Form das Ereignis an: „Dies waren Rotorwolken, typisch für Wellenwetterlagen und den damit verbundenen Aufwinden“ so Seibold. Bei bestem Sonnenschein und starkem Westwind waren bereits die ersten beiden Windenstarts gegen Zehn Uhr erfolgreich. Für den Windenfahrer dabei irritierend, dass das Schulungsflugzeug ASK-13 nach dem Ausklinken quasi „stehen blieb“ und nicht mehr gegen den Wind vorankam. Die Piloten hatten ins Schwarze getroffen und sind direkt in Aufwind geschleppt worden, genauso wie der nächste Pilot. Es ist sehr selten, dass Starts bereits aus der Winde heraus direkt in einen Wellenaufwind führen! Schließlich zeigten im blauen Himmel fünf Flugzeugnasen entlang der B456 in verschiedenen Höhen verteilt alle in die gleiche Richtung nach Westen, ohne dass sie sich gegenüber dem Boden merklich vorwärts bewegten. Ein absolut seltener Anblick! Obwohl der Wind am Boden nicht besonders ausgeprägt war, in 800 Meter Höhe blies er mit 80 km/h und war damit ein Sturm der Stärke 8 nach Beaufort.
Bilder: 1) „Hochsitz“ am Himmel – 2) Blick aus 2.800 Metern Höhe über das Munitionsdepot (links) und Wehrheim Richtung Saalburg/Frankfurt
Copyright: Dirk Beerbohm