Die Ausbildung: Erste Streckenflugerfahrungen
Die besondere Faszination des Segelflugs stellt der Streckenflug dar. Die allerersten Erfahrungen in diesem Bereich beginnen bereits mit einem 50km Überlandflug am Ende der Ausbildung zum Segelflugzeugführer. Für den Schüler gilt es nun, sich das erste Mal vom eigenen Flugplatz zu entfernen und eine bestimmte Strecke nur durch das Benutzen aufsteigender Luft, die Thermik, zurückzulegen. Ziel ist es nun sein Können nicht nur in Platznähe sondern auch über unbekanntem Gebiet unter Beweis zu stellen. Die technischen Fertigkeiten werden nun zur Nebensache, im Vordergrund stehen das Wetter und die Navigation.
Natürlich wird der Schüler nicht unvorbereitet dieser Situation überlassen. Zuvor werden bereits mit dem Lehrer zwei Überlandflüge geplant und durchgeführt, um die Grundtechnicken zu vermitteln.
Bei diesem 50 km Überlandflug bekommt man den ersten Eindruck der überwältigenden Freiheit und Grenzenlosigkeit im Segelflug. Erstaunlich dabei ist, dass man bereits mit 14 Jahren das Segelfliegen erlernen kann, bereits 3 Jahre bevor man mit dem Führerschein beginnen kann. In dieser Situation lernt man auch in schwierigen Phasen überlegt zu handeln und besonders wichtig: Verantwortung übernehmen zu können.
Doch mit dem Erhalt der Segelfluglizenz geht die eigentliche Streckenfliegerei erst so richtig los. In den Wintermonaten ist es wichtig sich die theoretischen Grundlagen anzueignen. Von besonderer Bedeutung sind die Gespräche und der Austausch der Erfahrungen mit erfolgreichen Streckenfliegern im Verein sowohl abends nach einem erfolgreichen Flugtag, als auch in dazu gezielt angesetzten Streckenflugseminaren. Nur wer sich gut und umfassend mit der Theorie der Streckenfliegerei, der Meteorologie und der Navigation beschäftigt, hat eine gute Grundlage für das Überlandfliegen.
So folgt nach dem ersten 50 km Flug schon der nächste etwas längere Streckenflug. Geplant werden meist Dreiecksflüge, sowie Ziel-Rückkehr-Flüge. Mit der Zeit steigen somit die Flugdauer, die zurückgelegten Kilometer und besonders gewinnt man an einer Menge neuer Erfahrungen.
Langsam tastet man sich von Wolke zu Wolke, nimmt teilweise mit etwas Unbehagen die große Distanz zum Heimatflugplatz wahr, doch man kämpft sich weiter mit der Motivation seine technischen Fertigkeiten auch im Überlandflug zu beweisen und seine zuvor bestimmte Strecke zu bewältigen. Wenn man dann abends nach einem 4-5 h, 200-300 km Flug endlich wieder auf seinem gewohnten Flugplatz landet, erfüllt es einen mit unheimlichen Wohlbefinden, Genugtuung und Zufriedenstellung. Man ist stolz seine vorher geplante Strecke erfolgreich abgeschlossen zu haben und wieder---im Einklang mit der Natur--- eine Menge neuer Erfahrungen und Eindrücke der Überlandfliegerei gesammelt zu haben.
Um die Streckenflüge effizienter zu gestalten und sein Können zu verbessern ist es sinnvoll im Team mit mehreren Personen Überland zu fliegen. Dabei kann man vom dem erfahrensten Piloten eine Menge lernen und seinen eigenen Flugstil verbessern. (Ein solcher Teamflug mit Gerd Spiegelberg an einem sehr schwierigen Tag mit Abschirmung und Blauthermik hat mir sehr geholfen sowohl meine Stärken als auch meine Schwächen darzulegen.)
Besonders hervorheben möchte ich hierbei die Unterstützung innerhalb unseres Vereines. Erfolgreiche Streckenflieger nehmen sich die Zeit mit uns den Jugendlichen Strecken zu planen, durchzuführen, ihre eigenen Erlebnisse und Erfahrungen zu berichten und wertvolle Tipps zu geben. Dabei haben wir stets mehrere Ansprechpartner zur Hand und können so unsere Leistungen steigern und müssen nie das Gefühl haben mit den Herausforderungen alleine gelassen zu werden. So gibt es am Anfang eines Jahres meist ein Streckenflugseminar, in dem man sich intensiv mit der Theorie der Streckenfliegerei beschäftigt und anschließend die dort geplanten Flüge im April durchführt.
Nachdem sich der Schüler also etwas sicherer fühlt, versuchte man auch an etwas schwierigeren Tagen, wie bei Blauthermik, Überland zu fliegen. Bei solchen Flügen lernt man besonders viel, da es hier weniger auf eine gute Schnittgeschwindigkeit als auf die Beurteilung und Einschätzung des Wetters und der Ablösepunkte der Thermik ankommt. So steigerte man langsam die Distanz und den Anspruch der Flüge mit wachsender Erfahrung, jedoch hört das stetige Lernen dabei nie auf.
In eigener Verantwortung, absolvieren bereits die 16-17 Jährigen ihre ersten Überlandlflugerfahrungen mit über hundert Kilometer großen Strecken. Das besondere, an der Streckenfliegerei, sind die stets neuen Erfahrungen, Eindrücke und besonders die neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Dem jungen Segelflieger wird enormes Vertrauen vom Fluglehrer entgegengebracht und man lernt Verantwortung zu übernehmen - Eins der bedeutsamsten und wichtigsten Eigenschaften im Überlandflug-. Die Kombination aus Herausforderung, auch an die geistige Leistungsfähigkeit, dem Erlebniswert und der Genugtuung am Ende eines erfolgreichen Flugtages stellt die Faszination Segelflug dar.
(Florian Jäger)