Der Traum vom Segeln und Fliegen über den Taunus
Die wunderschönen Taunuslandschaften einmal von hoch oben aus der Luft betrachten – in der Region bieten sich hier für gleich zwei ausgezeichnete Gelegenheiten. Ein Besuch beim Luftsportclub (LSC) Bad Homburg zeigt:
Das Segelfliegen bringt eine ganz eigene Faszination mit sich. Die Rotorflug GmbH in Friedrichsdorf ermöglicht das einmalige Erlebnis eines Hubschrauberflugs.Pünktlichkeit und Verlässlichkeit sind Horst Walter Schwager wichtig. Als er sich am Vormittag telefonisch meldet, bittet er darum, das für später verabredete Treffen am Anspacher Flugplatzgelände etwas nach hinten zu verschieben. Er werde in den kommenden Stunden erst einmal in der Luft unterwegs sein und könne nicht genau sagen, wann er wieder zur Landung ansetzen werde. Beim zweiten Anruf hat er schon wieder festen Boden unter den Füßen. Sein Flug habe doch nicht so lange gedauert wie ursprünglich gedacht. Und so hat der Pressesprecher des Luftsportclubs Bad Homburg (LSC) nun Zeit, um über sein sportliches Hobby zu erzählen.Das Segelfliegen hat für Schwager insbesondere auf der emotionalen Ebene eine große Bedeutung: „Für uns Piloten geht der alte Menschheitstraum vom Fliegen in Erfüllung.“Das Naturerlebnis sei für ihn entscheidend,die Bilder hängen ihm nach eigener Aussage noch stundenlang nach. Doch so schön der Ausblick von oben auch ist, nicht jeder Flug verläuft nach Plan. Bei nahezu wolken freiem Himmel sei es am heutigen Tag sehr schwierig gewesen, Gebiete mit warmer, aufsteigender Luft auszumachen, welche für die eigene Höhengewinnung unerlässlich ist. Schwager, der in seiner 18-jährigen Flugkarriere bislang um die 1150 Flugstunden gesammelt hat, betont:„Bei solchen Bedingungen ist Erfahrung ganz entscheidend.“ Und diese wird den jungen Nachwuchspiloten beim Luftsportclub seit vielen Jahren vermittelt.Der Verein aus Bad Homburg blickt auf eine lange Tradition zurück. Bereits 1951 gegründet, wurde sechs Jahre später der Flugplatz Anspach eröffnet, dessen Betreiber der LSCs eitdem ist. 140 aktive Mitglieder machen ihn zum größten Luftsportverein im Taunus, die vereinseigene Flotte umfasst von Schulflugzeugen über Hochleistungsflieger bis hin zu Motormaschinen ein breites Spektrum. Auf dem Flugplatzgelände zwischen Wehrheim und Neu-Anspach befindet sich auch das Clubheim des Vereins, welcher sich laut Schwager durch ein „großes Gemeinschaftsgefühl“ auszeichnet. Regelmäßig treffen sich dort langjährige Mitglieder, auch jene, die aufgrund des Alters heute nicht mehr in ein Segelflugzeug steigen.
Ein typischer Tag am Flugplatz
Damit sich jedoch auch die Szene der aktiven Piloten erhält, nimmt die Nachwuchsförderung beim LSC eine wichtige Rolle ein. Ab einem Alter von 14 Jahren ist es jungen Menschen möglich, das Segelfliegen in der etwa zweijährigen Ausbildung zu erlernen. Wer sich zunächst einmal einen Eindruck von der Sportart verschaffen will, kann dies bei einem der fast ganz jährlich angebotenen Gastflügen tun. Der sogenannte „Schnuppertag“ lädt darüber hinaus ein, das komplette Prozedere eines typisch verlaufenden Tages am Flugplatz mitzuerleben. Denn der Aufgabenbereich für die Piloten umfasst weitaus mehr als nur das reine Fliegen.Bereits um etwa neun Uhr versammeln sich an einem typischen Sommertag Schüler, Fluglehrer, Flugleiter, Windenfahrer und Schlepppiloten auf dem Gelände des LSC. Bevor es losgehen kann, werden zunächst die Wetterlage und der Wind eingehend studiert. Dann ist Teamarbeit gefragt. Damit ein Flieger überhaupt in die Luft kommt, müssen am Boden verschiedene Aufgaben übernommen werden.Horst-Walter Schwager sieht den Segelflugsport deshalb als eine gute Charakterschule: „Das Team ist alles. Man ist nur in der Gemeinschaft erfolgreich und muss sich auf den anderen verlassen können.“ Sind alle Vorbereitungsmaßnahmen getroffen, kann es endlich richtig losgehen. Im Laufe des Tages kommt jeder mal zum Fliegen, muss aber auch helfen. Gegen 19 Uhr neigt sich der Flugtag langsam dem Ende zu. Ist die letzte Landung erfolgt, werden die Maschinen ausgeräumt und zu guter Letzt vom Schmutz befreit.Der Erwerb der ersehnten Lizenz stellt die jungen Flugschüler freilich vor so manche Herausforderung.Bei den ersten Versuchen müssen sie den Flieger lediglich in der Luft halten und steuern, „das können die Schüler sofort“, erklärt Schwager. Komplizierter sei da schon der Kurvenflug, da der Einsatz der verschiedenen Ruder richtig koordiniert werden müsse. Am anspruchsvollsten ist laut dem LSC-Pressesprecher die Landung. Auch die theoretische Ausbildung hat es in sich. In sieben verschiedenen Fächern erlangen die Schüler ein umfangreiches Hintergrundwissen, behandelt werden Themen wie Technik, Meteorologie,Navigation, Luftrecht, Verhalten in besonderen Fällen und menschliches Leistungsvermögen.
Segelfliegen – nichts für nebenbei
Besondere körperliche Voraussetzungen muss man laut Schwager für das Segelfliegen nicht mitbringen, es reicht aus, „normal gesund zus ein“ – was allerdings von einem Fliegerarzt bestätigt werden muss. Nach mindestens 25Starts in Begleitung eines Fluglehrers dürfen die Jungpiloten zum ersten Mal alleine fliegen. Für die Schüler ist das ein ganz besonderes Erlebnis: „Der erste Flug alleine ist einfach genial, das ist etwas, was man nie vergessen wird.“ Einzig der hohe Zeitaufwand bereitet dem einen oder anderen Probleme: „Heute gibt es für die jungen Leute viel mehr Ablenkungsmöglichkeiten, mit der ersten Freundin kommt es bei vielen zum Knick.“ Will heißen:Segelfliegen ist nichts, was man mal eben nebenbei macht.Als bedauerlich empfindet Schwager die geringe Frauenpräsenz im Sport. Gerade einmal sieben Prozent beträgt ihr Anteil im Schnitt inden deutschen Vereinen. Dabei sieht er das weibliche Geschlecht als geradezu prädestiniert für den Segelflugsport:„Multitasking-Fähigkeiten sind sehr wichtig, da man während des Flugs viele Dinge gleichzeitig koordinieren muss.“ Vor allem der taktischen Komponente misst Schwager, der das Fliegen gerne mit dem Schachspiel vergleicht, eine hohe Bedeutung zu.Während der LSC-Pressesprecher die verschiedenen Herausforderungen des Segelflugsports beschreibt, herrscht auf dem großen Start- und Landefeld reger Betrieb. Es ist bereits spät am Nachmittag, als sich eine Discus 2a vom deutschen Hersteller Schempp-Hirth am Himmel zeigt und den Flugplatz unterhalb des großen Feldbergs ansteuert. Im Cockpit des Wettkampffliegers sitzt Jan Omsels, der im Jahr2013 den deutschen Meistertitel im Streckenflug erringen konnte. Gemeinsam mit ihm hatte sich Schwager am frühen Vormittag auf in die Luft gemacht, der Route des Profis durch die schwierigen Bedingungen jedoch nicht folgen können. Omsels hingegen nahm nach zwischenzeitlichen Problemen noch Kurs in Richtung Sauerland. „Das ist der Unterschied zwischen einem Könner und einem Durchschnittspiloten, der bei der schwierigen und brüchigen Blauthermik nicht vom Platz weggekommen ist“, sagt Schwager anerkennend. 350 Kilometer bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde zeigen die Messgeräte von Omsels am Ende an.Dass es in der Luft auch mal zu heiklen Situationen kommen kann, ist den Piloten bewusst. Deshalb betont Omsels: „Es ist wichtig, sich im Rahmen seiner Fähigkeiten und seines Wissens zu bewegen. Sonst kann es schnell sehr gefährlich werden.“ Aus diesem Grund werde bereits in der Flugausbildung großer Wert auf die Beurteilung des eigenen Leistungsvermögens gelegt. „Es geht darum,persönliche Grenzen zu akzeptieren“ sagt Schwager, der selbst keine Wettkämpfe fliegt.
Fliegerisches Können ist allerdings nicht nur in Segelflugzeugen gefragt. Etwa 20 Autominuten von Anspacher Flugplatz entfernt, heben regelmäßig Luftfahrzeuge eines ganz anderen Typs ab. Die Rotorflug mit Hauptsitz in Friedrichsdorf bietet seit 1972 ein breites Spektrum an Hubschrauberflügen an. Vonacht verschiedenen deutschen Standorten sowie von Palma de Mallorca aus werden verschiedene Einsätze geflogen, die Helikopter beispielsweise für Intensivtransporte, Kontrollflüge sowie Film- und Fotoflüge genutzt.Doch auch Jedermann-Hubschrauberflügesind bei dem Unternehmen möglich.
Laut Petra Aufsatz, in Friedrichsdorf zuständig für den Flugbetrieb, sind hierfür „keine speziellen Voraussetzungen erforderlich. Man sollte einfach über eine normale körperliche Konstitution verfügen und möglichst aus eigener Kraft in den Hubschrauber einsteigen können.“Nicht gravierende Behinderungen würden aber ebenso kein Hindernis darstellen. Gesunden Personen bietet sich gar die Möglichkeit eines ganz besonderen Highlights: Sie können bei einem Schnupperkurs unter Aufsicht und mit Hilfestellung eines Fluglehrers versuchen,einen Hubschrauber selbst zu steuern – für Aufsatz ein „spannendes und herausforderndes Erlebnis.“ Ob im Segelflieger oder im Hubschrauber – Interessierte erwartet sowohl am Anspacher Flugplatzgelände als auch in Friedrichsdorf ein spektakuläres Flugerlebnis und gewiss eine ganz neue Perspektive auf die Taunusregion.
Der Luftsportclub Bad Homburg hat sein Clubheim in der Westerfelder Straße 1 inObernhain, Telefon 06081-56633 (Tower) oder 06081-980087 (Clubheim), E-Mail:info@lsc-badhomburg.de, Internet: https://www.lsc-badhomburg.de. Eine etwa zweijährige Flugausbildung kostet je nach Begabungund Einsatz etwa 1900 Euro. Die Gastfluggebühren betragen als Selbstkostenbeteiligungfür Segelflüge pauschal bis 20 Minuten je Start 20 Euro, für Motorsegler pauschal bis zehn Minuten für eine Person je Start 25 Euro,für ein Motorflugzeug pauschal bis zehn Minuten für eine bis drei Personen je Start 50Euro. Interessenten können an Wochenendenab 11 Uhr einfach vorbeikommen und am Turm ein Vorstandsmitglied oder einen Fluglehrer nach einem Gastflug fragen. Für Motor-Gastflüge – und nur für diese – kann man auf dem Turm auch Gutscheine kaufen. Die Rotorflug GmbH Friedrichsdorf in der Peter Geibel-Straße 24, Telefon 06007-91410 ist montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr besetzt.Termine für Flüge außerhalb dieser Zeiten sind nach Absprache auch möglich. Anfragen per E-Mail an friedrichsdorf@rotorflug.comoder im Internet unter www.rotorflug.com/de.Ansprechpartnerin am Standort Friedrichsdorf ist Petra Aufsatz, E-Mail: petra.aufsatz@rotorflug.com. Die Flüge kosten zwischen 269Euro für zehn Minunten und 1139 Euro für 60Minuten. Die Preise sind Komplettpreise für den ganzen Hubschrauber – vier Passagiersitzplätze – inklusive Mehrwertsteuer. Flüge sind vor Flugantritt bar zu bezahlen oder vorab per Überweisung. Während der Sommerferien in Hessen bietet Rotorflug bis 11. August den Lesern der Oberurseler/Bad Homburger/Friedrichsdorfer Woche einen Familienrabatt für Eltern oder Großeltern plus einem oderzwei Kindern von zehn Prozent.
Der Artikel wurde von Sebastian Theuner in der Obeurrseler Woche veröffentlicht!